Sparen oder zahlen – Änderungen im Energiedienstleistungsgesetz

Geldbuße bei Verstoß gegen EU-Energieeffizienzrichtlinie?

Unternehmen, die keine Energie einsparen, zahlen demnächst womöglich drauf! Diesen Umstand regeln §§ 8 bis 8d EDLG-E (im Entwurf — BT-Drs. 18/3373). Die Neuregelung  verlangt von bestimmten Unternehmen eine Geldbuße in Höhe von bis zu 50.000 Euro, wenn sie sich keine Gedanken über ihre Energieeinsparpotenziale machen. Welche Unternehmen verpflichtet sind? Niemand weiß das.
Bereits seit Ende 2012 trat die europäische Energieeffizienzrichtlinie in Kraft. Ihr Artikel 8 benennt, was die Mitgliedstaaten regeln müssen. Die Kernaussage: Alle Unternehmen, die nicht als kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) einzuordnen sind, müssen erstmals ab dem 5.12.2015 (und danach alle vier Jahre) ein Energieaudit durchführen. Ab hier beginnen offene Fragen.
Seit dem 1.12.2014 liegt ein Gesetzentwurf vor, der das Energiedienstleistungsgesetz (EDLG) ändern und die Richtlinie umsetzen soll. Er orientiert sich am Wortlaut der Richtlinie, lässt aber einige Umsetzungsfragen offen:
Das Dilemma beginnt mit der Definition „Unternehmen“. Gilt der sehr weitgefasste Begriff aus der EU-Kommissionempfehlung („jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt“) oder der Maßstab aus § 2 Nr. 4 und Nr. 6 StromStG („Kleinste rechtlich selbständige Einheit sowie kommunale Eigenbetriebe“ bzw. „Wirtschaftliche, finanzielle und rechtliche Einheit, die unter einheitlicher und selbständiger Führung steht“) oder wird noch eine eindeutige Definition ins EDLG selbst aufgenommen? Letzteres wäre wünschenswert, da es eine Reihe Organisationsformen gibt, wie etwa solche der öffentlichen Hand, bei denen aktuell unklar ist, ob sie zur Durchführung eines Energieaudits verpflichtet sind.
Auch die Einordnung als KMU bereitet Probleme. Der Gesetzentwurf verweist auf die Definition der EU Kommissionsempfehlung 2003/361 vom 6.5.2003. Danach darf ein KMU in seinem Unternehmen höchstens 250 beschäftigte Personen und maximal Umsatzerlöse von 50 Mio. Euro bzw. eine Bilanzsumme von 43 Mio. Euro aufweisen. Dabei müssen die Kennzahlen von Partnerunternehmen (Beteiligung von 25 bis 50 Prozent) teilweise und von verbundenen Unternehmen (Beteiligung mehr als 50 Prozent) vollständig zugerechnet werden. Diese Zurechnung gestaltet sich in der Praxis regelmäßig sehr komplex. Hieran zeigt sich die Tragweite des Gesetzes: Betroffen sind alle Nicht-KMU aller Wirtschaftsbranchen. Auch noch so kleine Tochter- oder sonstige Konzernunternehmen, die womöglich nur wenig Energie verbrauchen, müssten ein eigenes Energieaudit durchführen. In gleicher Weise sind (kleine) Unternehmen betroffen, die sich im Eigentum der öffentlichen Hand befinden. Es genügt ein Anteil von 25 Prozent. Auch sie gelten grundsätzlich nicht als KMU – und zwar unabhängig von den genanten Kennzahlen.
Was umfasst ein Energieaudit?
Unternehmen, die bereits ein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50.001 oder ein Umweltmanagementsystem nach EMAS betreiben, sind von der Pflicht eines Energieaudits befreit. Für alle anderen gilt, dass das Energieaudit grundsätzlich den Anforderungen der DIN EN 16247–1 entsprechen muss. Mit dieser Norm gibt es bislang aber wenig Erfahrung. Auch hier bleiben viele Fragen unbeantwortet: Wie führe ich ein Energieaudit durch, wenn ich viele kleine Standorte oder Filialen habe? Welche Möglichkeiten habe ich, wenn ich auch im (EU-)Ausland tätig bin?
Die Erfassung von mindestens 90 Prozent des gesamten Energieverbrauchs soll ausreichen. Erlaubt sind auch so genannte Mischsysteme an unterschiedlichen Standorten bzw. bei unterschiedlichen Unternehmensteilen. Damit ist aber keineswegs alles geklärt! Je genauer man die gesetzlichen Vorgaben in den Blick nimmt, desto mehr offene Fragen tun sich auf: Bei welchen Geräten muss gemessen (der Gesetzentwurf nennt hier „gängige“ Geräte) und wann darf geschätzt werden? Muss in jedem Fall eine „Lebenszyklus-Kostenanalyse“ durchgeführt werden? Wie kann die Unabhängigkeit des Auditors gewährleistet sein? Und so weiter…
Was tun?
Betroffene Unternehmen sollten möglichst jetzt schon Vorbereitungen treffen, auch wenn das Gesetz noch nicht in Kraft ist. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat angekündigt, stichprobenartig zu prüfen, ob die Pflicht eingehalten wird. Der Druck lastet hoch auf dem deutschen Gesetzgeber: Die Energieeffizienzrichtlinie war bis zum 5.6.2014 in nationales Recht umzusetzen. Es läuft bereits ein Verfahren gegen Deutschland, da die Frist nicht gehalten wurde. Insoweit ist davon auszugehen, dass sich der Stichtag 5.12.2015 nicht mehr verändern wird. Es bleibt zu hoffen, dass dennoch einige Fragen geklärt und praktikable Lösungen gefunden werden. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollten die wichtigsten Punkte im Gesetz geregelt und nicht auf den Verordnungsgeber und die Praxis geschoben werden.

 

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