Messstellenbetriebsgesetz in Kraft

Experten rechnen mit deutlichen Auswirkungen für EVU

Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende (GDEW) mit dem neuen Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ist seit dem 2. September 2016 in Kraft. Das Gesetz greift tief in die Energiemarktstrukturen mit deutlichen Veränderungen für die Energieversorgungsunternehmen (EVU).
Das Gesetz verpflichtet Messstellenbetreiber (normalerweise Verteilnetzbetreiber) zur Einführung (Rollout) intelligenter oder moderne Messsysteme und zwar zu einem durch Preisobergrenzen gedeckelten Preis. Das wirkt sich auf nahezu alle Bereiche eines Energieversorgers aus: auf das Mess- und Zählerwesen, auf das Vertragsmanagement, auf Abrechnung und Forderungsmanagement, auf das Regulierungsmanagement, auf die Marktkommunikation, auf das Energiedatenmanagement, auf die IT und schließlich auf den Vertrieb, der die neuen Mess- und Bilanzierungsverfahren vertraglich, tariflich und beschaffungsseitig abbilden muss. Einige der neuen Rechtspflichten des MsbG müssen die Messstellenbetreiber bereits in diesem Jahr umsetzen. Neben den jetzt unmittelbaren Vorgaben stehen alle EVU vor grundlegenden, strategischen Entscheidungen.


Netzentgeltpreisblatt 2017
Mit dem GDEW ändert sich § 17 Abs. 7 StromNEV. Danach sind ab dem 1. Januar 2017 keine gesonderten Abrechnungsentgelte mehr festzulegen, weil der Aufwand im allgemeinen Netznutzungsentgelt integriert wird. Daneben ist auch kein gesondertes Messentgelt mehr zulässig und nach § 17 Abs. 7 StromNEV ist (für den konventionellen Messstellenbetrieb) nur noch ein Entgelt für den Messstellenbetrieb festzulegen, zu dem auch die Messung gehört. Für das zu veröffentlichende Netzentgeltpreisblatt 2017 (bis 15. Oktober 2016) müssen diese Punkte bereits berücksichtigt werden.


Veröffentlichungspflichten
Zur Umsetzung der Einführung enthält das MsbG zahlreiche Veröffentlichungs- und Informationspflichten. Je nach Planung können diese für Messstellenbetreiber bereits in diesem Jahr gelten. So müssen diese gemäß § 37 Abs. 1 MsbG spätestens sechs Monate vor Beginn der Einführung Informationen über die Pflichten, über ihre Standardleistungen und mögliche Zusatzleistungen sowie Preisblätter mit jährlichen Preisangaben für mindestens drei Jahre veröffentlichen. Danach sind gemäß § 37 Abs. 2 MsbG spätestens drei Monate vor der Ausstattung der Messstelle Anschlussnutzer, Anschlussnehmer, Anlagenbetreiber und Messstellenbetreiber über den Einbau zu informieren. Abhängig davon, ob bereits in diesem Jahr Kosten für die Umsetzung der Einführungspflichten für intelligente Messsysteme oder moderne Messeinrichtungen entstehen, sind auch die buchhalterischen Vorgaben umzusetzen. Kosten, die dem Messstellenbetrieb mit modernen Messeinrichtungen und intelligenten Messsystemen zuzuordnen sind, müssen nach § 3 Abs. 4 MsbG grundsätzlich von den Netzentgelten getrennt werden. Es darf nicht zur Verflechtung mit Netzentgelten kommen.


Eine strategische Entscheidung
Das MsbG nimmt alle Stromnetzbetreiber in Deutschland in die Pflicht: Als grundzuständige Messstellenbetreiber setzen sie die gesetzlichen Einbaupflichten für intelligente Messtechnik um. Darüber hinaus hat das MsbG Auswirkungen auf nahezu alle Bereiche eines kommunalen Energieversorgers. Von den Verpflichtungen des MsbG können sich Netzbetreiber nur befreien, wenn sie die Grundzuständigkeit für Einbau und Betrieb intelligenter Messtechnik ausschreiben. Eine solche Ausschreibung bedeutet jedoch mittel- bis langfristig, dass das Zähler- und Messwesen Strom im Unternehmen wegfällt – dies dürfte daher in der Regel keine Option sein. Gerade für mittlere oder kleine Netzbetreiber stellt sich jetzt die Frage, wie sie die Einbaupflichten des MsbG sinnvoll umsetzen: welche Bereiche setzt der Netzbetreiber selbst um, was er einkauft oder gegebenenfalls in Kooperation abarbeitet? Das sind strategische Entscheidungen von weitreichender Bedeutung für das Gesamtunternehmen. Im Spektrum zwischen Dienstleistungsbezug, Kooperation und eigener Umsetzung stehen viele Varianten offen. Eine strategische Entscheidung sollte jetzt getroffen werden. Spätestens bis zum 30. Juni 2017 müssen sich die Netzbetreiber als grundzuständige Messstellenbetreiber gegenüber der Bundesnetzagentur (BNetzA) erklären. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der BNetzA schriftlich anzuzeigen, ob die Grundzuständigkeit für den intelligenten Messstellenbetrieb übernommen wird oder nicht (§ 45 Abs. 3 MsbG). Diese schriftliche Anzeige stellt dann zugleich auch den Startschuss für einzelne nach dem MsbG zu erfüllenden Rollout-Quoten dar.

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